Budapest im Zeichen der praxisorientierten Höheren Bildung

EURASHE

Über den eigenen Tellerrand schauen und neue Kontakte knüpfen: ODEC-Geschäftsführer Urs Gassmann nimmt in seiner Funktion als Präsident von EurEta auch regelmässig an internationalen Konferenzen teil. Vergangene Woche war er bei der Jahreskonferenz von EURASHE in Budapest dabei. Dabei zeigte sich: Die Arbeitsmarktorientierung in der praxisorientierten Höheren Bildung wird auch in Europa immer wichtiger.

Der europäische Verband EURASHE vereinigt praxisorientierte Hochschulen, welche Bildungsgänge anbieten, die mindestens auf dem Level 5 und 6 des Europäischen Qualifikationsrahmens EQR sind. An seine diesjährige Konferenz in Budapest hat EURASHE namhafte Redner geladen. Wie Tibor Navracsics, den EU-Kommissar für Bildung und Kultur. Er verkündete, dass die Bildung wieder auf die Agenda der europäischen Union komme und das Erasmus-Programm gestärkt werden solle. Das Erasmus-Programm ist das bekannte europäische Austauschprogramm für Studierende.

Dr. Shyamal Majumdar, der Chef von UNESCO-UNEVOC sprach über Megatrends, welche die Jobs in Zukunft verändern werden. Dabei betonte er, dass künftig nicht das Wissen, sondern die Kompetenz entscheidend sein wird. Wer mit Anpassung, Flexibilität und Unsicherheit umgehen könne, habe gute Karten.

Der Arbeitsmarkt verändert sich schneller als die Bildung

Ein provokatives Zeichen setzte Dr. Gerald Bast, Präsident der Universität für angewandte Kunst Wien. Seine wichtigsten Aussagen: Die kommenden Veränderungen zeigen sich weltweit und gleichzeitig, egal ob wir dies wollen oder nicht. Der Wandel wird sich stark auf die Menschen auswirken – standardisierte Abläufe werden verschwinden und von Robotern ersetzt. Kreatives Denken und Fehler machen zu dürfen wird wichtiger. Auch die Anforderungen der Wirtschaft an die abgehenden Studenten verändern sich laufend. Ein Studium, das 3 bis 5 Jahre dauert, wird in Zukunft nicht mehr sinnvoll sein, denn was jemand beim Abschluss beherrscht, entspricht bereits einem veralteten Bedürfnis. Wie das Problem der zeitlichen Diskrepanz zwischen Bildung und Arbeitsmarktbedürfnissen gelöst werden kann, bleibt noch offen. Fest steht: „Re-skilling“ und „Up-skilling“ der Arbeits- und Fachkräfte werden immer wichtiger (siehe auch ODEC-Trendbildung). Höhere Fachschulen können hier eine wichtige Rolle einnehmen.

Persönliche Gespräche

Urs Gassmann führte in Budapest auch viele Gespräche mit anderen Teilnehmern, in denen er die Herausforderungen der verschiedenen Institute und Länder kennenlernte. Und er hörte nachdenklich stimmende Sätze wie: „Wir müssen aufhören, in Silos zu denken!“ oder „Die Welt benötigt neue Bildungssysteme.“ Interessant zu erfahren war zudem, dass die Hochschulabsolventen vermehrt die Angebote der sogenannten Short Cycle-Bildung in Anspruch nehmen, um Praxis für den Arbeitsmarkt zu erhalten. Short Cycle-Bildung entspricht einem verkürzten Bildungsgang, welcher als Bindeglied zwischen der beruflichen Bildung und der Hochschulbildung fungiert.

Mut zu Neuem

Die enge Zusammenarbeit der Bildungsanbieter mit der Wirtschaft, wie dies in der Schweiz auf Stufe HF geschieht, wäre in den meisten Ländern das Ziel. Doch dies zu erreichen ist meistens praktisch unmöglich, denn die partnerschaftliche Zusammenarbeit entspricht einer Kultur, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde, gelebt und gepflegt wird.
In der Höheren Bildung herrscht Aufbruchsstimmung, doch mutige Schritte wagen nur wenige. Mit dem Projekt „Positionierung Stufe HF“ haben wir in der Schweiz eine grosse Chance. Jetzt braucht es noch den Mut zu wirklicher Veränderung.

Quelle Foto: EURASHE