Flexibilität ist gefordert – Auswirkungen des Lockdowns

Flexibilität

Veränderungen bringen Herausforderungen, Erkenntnisse werden generiert und Möglichkeiten geschaffen. Wie die Covid-19-Krise die Arbeitswelt verändert hat; Betroffene zeigen sich erstaunlich flexibel, wiedie Resultate der ODEC-Umfrage zeigen.

Die Covid-19 Krise hat die Wirtschaft mit den Firmen und ihren Angestellten vor noch nie da gewesene Herausforderungen gestellt. Kaum jemand war auf die neuen Anforderungen vorbereitet.

Mit dem Lockdown musste sich jede Firma überlegen, wie die Aufträge weiter erfüllt und erledigt werden konnten. War es möglich, die Belegschaft normal weiterarbeiten zu lassen oder musste Kurzarbeit eingeführt werden? Wenn es ohne Kurzarbeit gehen musste, war Präsenz in der Firma weiterhin möglich oder wurden die Arbeitsstellen ins Homeoffice transferiert? Die zuständigen Personen hatten zu entscheiden, ob und wie die vorgegebenen Sicherheitsrichtlinien des Bundesamtes für Gesundheit BAG eingehalten, und falls dies nicht möglich war, welche Arbeiten ins Homeoffice verlegt werden konnten. Ein grosser Vorteil war sicher, dass die meisten schweizerischen Haushalte mit guter Infrastruktur ausgerüstet sind. Viel wurde über Homeoffice geschrieben und neuerdings wird auch diskutiert, inwieweit sich Firmen an der Infrastruktur des Homeoffice finanziell oder materiell beteiligen müssen. Nicht alle arbeiteten im Homeoffice zu 100 Prozent, meist wurden Mischformen zwischen Firmenpräsenz und Homeoffice gewählt.
 

Umfrageresultate: «Veränderungen seit Anfang Jahr und durch Covid-19»

Der ODEC befragte HF-Diplomierte, wie sich die Arbeitssituation in ihrer Firma verändert hat, ob und wie Homeoffice angewendet wurde und wie die Kommunikations- und Informationspolitik während des Lockdowns war.

Unsere Umfrage fand vom 10. bis 25. Juni 2020 statt. 962 Personen haben daran teilgenommen, davon 898 HF-Diplomierte und 64 HF-Studierende.

Um die Ergebnisse besser einschätzen zu können, sind nachfolgend die Segmentierungen der Umfrageteilnehmer mit den jeweilig grössten Gruppen aufgeführt.

  • HF-Bereiche: 78 % Technik, 15 % Wirtschaft
  • Einsatzgebiet: 30 % Engineering, 15 % Informatik, 15 % Produktion, 10 % Marketing / Verkauf
  • Branche: 23 % Maschinen / Apparate / Instrumente, 10 % Bau / Holz, 7 % übrige Industrie / Gewerbe

Nach Alter und Funktionen sind die Teilnehmer prozentual regelmässig verteilt.

Nachfolgend werden die grössten Abweichungen von den Durchschnittswerten aufgezeigt. Erwähnt werden nur Gruppen, die einen Anteil von über 5 Prozent Teilnehmer aufweisen.
 

Veränderung der Arbeitssituation

Der Lockdown hat die Wirtschaftsbereiche sehr unterschiedlich getroffen und verschiedenste Reaktionen gefordert. Die Medien berichteten über Kurzarbeit und über zur Verfügung gestellte Finanzen. Am 1. Juli 2020 gab der Bundesrat bekannt, dass die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung von 12 auf 18 Monate erhöht wurde. Über Personen, die durch die Krise ein erhöhtes Pensum arbeiten mussten, wurde weniger gesprochen und Zahlen dazu statistisch nicht erfasst. Mehr Arbeit gab es beispielsweise in den Bereichen von neuen Logistikprozessen oder Lieferketten, IT-Infrastruktur, Verkauf und Gesundheit.

Arbeitssituation Covid

Wie hat sich nun aber die Arbeitssituation durch die Covid-19-Krise verändert? Nachfolgend gleich die Haupterkenntnisse unserer Umfrage: Die grösste Gruppe der Umfrageteilnehmer mit 45 Prozent arbeitete in einem normalen Arbeitspensum und weitere 29 Prozent in einem erhöhten. Weniger als 20 Prozent waren in Kurzarbeit tätig und 3 Prozent verloren ihre Anstellung.

Doch wie sieht es aus, wenn verschiedene Kohorten angeschaut werden? Interessant ist letztlich, ob diese allgemeinen Aussagen für alle Teilnehmer zutreffen oder ob es erwähnenswerte Abweichungen gibt. Nachfolgend wird nur auf Werte eingegangen, die sich stark von den Durchschnittszahlen unterscheiden.

Bei «Mitgliedern des Kaders» arbeiteten 37 Prozent mit einem erhöhten Pensum. Bei Firmen mit einer Grösse von 1 bis 10 Angestellten arbeiteten nur 16 Prozent ein erhöhtes Pensum, dafür wurde eine erhöhte Kurzarbeit von 27 Prozent angegeben. Wer sein Einsatzgebiet im «Verkauf / Marketing» hat, war nur zu 16 Prozent mit erhöhtem Pensum tätig, jedoch mit 37 Prozent in Kurzarbeit. Ernüchterung gab es im Einsatzgebiet «Einkauf»; 15 Prozent gaben an, ihre Anstellung verloren zu haben.

In der Branche «öffentliche Verwaltung» leisteten 55 Prozent ein erhöhtes Pensum, bei «Banken / Versicherungen» blieben 65 Prozent bei einem normalen Pensum, in der «Grafischen Industrie» gaben 71 Prozent und im «Handel» 43 Prozent Kurzarbeit an. 40 Prozent der HF-Diplomierten, die über zehn direkt unterstellte Mitarbeiter beschäftigen, arbeiteten mit erhöhtem Pensum. Bei jenen ohne direkt unterstellten Mitarbeitern waren es nur 22 Prozent.
 

Wichtigkeit des persönlichen Kontaktes

Persönlicher Kontakt Covid

Liest man obige Zahlen, wäre es verlockend, möglichst viel der Arbeitstätigkeit ins Homeoffice zu verlagern. Der persönliche/direkte Kontakt zu Mitarbeitern und Vorgesetzten wird jedoch allgemein als wichtig betrachtet. Die Wichtigkeit wird durchschnittlich mit 7.79 bewertet, wobei 0 = «unwichtig» und 10 = «sehr wichtig» bedeutet. Nach Einsatzgebieten betrachtet, sieht der «Support/Logistik» den persönlichen Kontakt mit 8.36 am wichtigsten und die «Informatik» mit 7.11 am wenigsten wichtig an. Interessante Unterschiede zeigen sich in den verschiedenen Funktionen der Teilnehmer. So sehen HF-Diplomierte mit einer Führungsfunktion («Mitglieder der Geschäftsleitung» mit 8.22, «Mitglieder des Kaders» mit 8.11), den direkten Kontakt als wichtiger an als solche mit einer Fachfunktion («Projektleiter» mit 7.52 und «Fach-/Sachspezialisten» mit 7.43).
 

 

 

Wie sind die Firmen mit Covid-19 umgegangen?

Persönlicher Kontakt Covid

Wie bewerten die Mitarbeiter die eigene Firma, wie diese mit der Covid-19-Situation umgegangen ist? Der Mittelwert liegt bei 4.72, wobei 4 = «eher gut» und 5 = «gut» ist. Damit stellen die Teilnehmer den Firmen ein gutes Zeugnis aus. Die Geschäftsleitenden sind bescheiden, denn sie gaben der Firma «gut» mit 4.96; es wäre auch eine 6 = «sehr gut» zur Wahl gestanden.

Das «Kader» und die «Geschäftsleitung» gaben beim Umgang mit Covid-19 eine bessere Note ab als die «Projektleiter» und die «Fach-/Sachmitarbeiter». Die Firmengrösse spielte dabei keinen Rolle. Interessanterweise gab die «Human Ressource» mit 4.32 die tiefste Bewertung. Die Branche  «öffentliche Verwaltung» gab mit 4.39 die schlechteste und die «Informatik-Dienstleistungen» mit 5.15 die beste Wertung ab.
 

Kommunikation innerhalb der Firmen

Die Informationspolitik der meisten Firmen scheint zu funktionieren. 74 Prozent gaben an, dass sie über die Herausforderungen der nächsten Monate informiert wurden. 19 Prozent wurden nicht orientiert und überaschenderweise finden 7 Prozent Informationen als nicht notwendig. Bei den Firmen mit einer Grösse von 11 bis 50 Mitarbeitern gaben 29 Prozent an, nicht informiert worden zu sein. Bei den Firmen mit 1 bis 10 Angestellten erachten 20 Prozent Informationen als nicht notwendig. Am meisten wurde das Einsatzgebiet «Finanzen / Controlling» mit 85 Prozent und am wenigsten «Support / Logistik» mit 68 Prozent orientiert. Nach Branchen informierte «Chemie / Pharma» mit 86 Prozent am besten und «öffentliche Verwaltung» mit 63 Prozent am schlechtesten.

Die Umfrageteilnehmer wurden gefragt, wie die Kommunikation zu den Veränderungen innerhalb der Firma seit dem Lockdown funktioniert hat. Hier haben die Firmen gute Arbeit geleistet und meist genügend kommuniziert. Am schlechtesten bewerteten die Teilnehmer die Frage nach der Veränderung in der Personalpolitik.

Kommunikation Covid


Bei allen drei Fragen sind bei den «Funktionen» die Abweichungen minimal. Sie bewegen sich innerhalb von +/- 0.15. Dasselbe gilt bei der Auswertung nach direkt unterstellten Mitarbeitern, da hat die Führungsspanne ebenfalls keinen Einfluss. Bei den Branchen erhielt bei allen drei Fragen die «öffentliche Verwaltung» die tiefste Bewertung und «Chemie / Pharma» die höchste.

Über Veränderungen, die in der Firma eingeleitet wurden, gibt der «Einkauf» mit 3.05 an, eher bescheiden informiert worden zu sein. Der Höchstwert erreichte «Finanzen / Controlling» mit 3.56.

Zu den Veränderungen in der Personalpolitik informierten nur Firmen mit 1 bis 10 Mitarbeitern mit 3.18 (3 = «eher genügend»). Schlecht informiert sieht sich der «Support / Logistik» mit 2.64.
 

Fazit:

Durch das breit eingeführte Homeoffice wurde einiges verändert. Etliches, was nicht für möglich gehalten wurde, war innerhalb kürzester Zeit mit der Digitalisierung und der Unterstützung der Mitarbeiter umgesetzt worden. Es hat aber auch gezeigt, dass Führungskräfte im Homeoffice arbeiten können und dies ebenfalls in Teilzeit. Doch gilt es, die Balance zu halten. Homeoffice sollte nicht dazu missbraucht werden, Kosten zu sparen, denn für die Mitarbeiter aller Ebenen ist der direkte und persönliche Kontakt zu den Mitarbeitern und Vorgesetzten wichtig.

Im Umgang mit Covid-19 und der internen Kommunikation haben sich die Firmen gut geschlagen. Ausnahme besteht bei der Kommunikation zu den Veränderungen in der Personalpolitik, da könnten mehr Informationen fliessen. Denn nicht informiert zu sein, was in der Personalpolitik geschieht, heisst Unsicherheit entstehen zu lassen. 

Um die Ergebnisse besser einschätzen zu können, sind nachfolgend die Segmentierungen der Umfrageteilnehmer mit den jeweilig grössten Gruppen aufgeführt.