Projekt «Positionierung HF»: Eine weitere Alibiübung?

Shape Future

Update zum HF-Projekt-II: Die direkt Betroffenen der Stufe HF haben aufgezeigt, wo der Schuh drückt und gangbare Lösungswege aufgezeigt. Von der Verwaltung werden diese Fakten nun in Frage gestellt.

Von Urs Gassmann

Das Projekt «Positionierung HF» startete effizient und es entstand der Eindruck, dass endlich ein Wille vorhanden ist, in angemessener Zeit Konstruktives umzusetzen. Der Zwischenbericht des SBFI soll aber erst Ende 2022 abgesegnet werden. Über vier Jahre vergehen, ohne dass dabei nur eine einzige Massnahme greift.

In der Wirtschaft hätte das Projekt «Positionierung HF» keine Überlebenschance.

In der Märzausgabe unseres Bulletins haben wir die Frage gestellt, wie viel Fleisch am Knochen bleibe nach der weiteren Bearbeitung des Projekts. Bericht

Die Frage scheint auch heute noch berechtigt, denn je länger der Prozess dauert, desto mehr Direkt- und Indirektbeteiligte werden dem Projekt beigezogen. Die Konsequenz daraus: Es gibt mehr Meinungen, Argumente und Kritik, ein bunt gemischtes Für und Wider. Dies lässt der Projektleitung (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI) alle Möglichkeiten offen, jene Punkte zu favorisieren, die in die eigene Strategie passt. Ein weiteres Déjà-vu? Der Gedanke steht im Raum; alles nur eine Alibiübung?

 

Rückblick auf die letzten vier Jahre

Der nachfolgende Text entstammt aus dem Entwurf «Zwischenbericht 9. September 2021»:

Ausschlaggebend für den Start des Projekts «Positionierung Höhere Fachschulen»   waren die Motionen «Höhere Fachschulen. Profil stärken, Qualität sichern, Attraktivität steigern» (18.3392) der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) sowie «Höhere Fachschulen stärken» (18.3240) von Ständerätin Anita Fetz, in denen im Jahr 2018 eine bessere Positionierung der Höheren Fachschulen und ihrer Abschlüsse gefordert wurden.

Der Bundesrat hat die Annahme der Motion 18.3392 der WBK-N beantragt und sich bereit erklärt, das System der Höheren Fachschulen hinsichtlich seiner nationalen und internationalen Positionierung ganzheitlich überprüfen zu lassen. Wichtig dabei ist die Erhaltung und Stärkung der Arbeitsmarktorientierung als spezifisches Qualitätsmerkmal der Höheren Fachschulen.

Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat 2019 in einem ersten Schritt eine Auslegeordnung zur Positionierung der Höheren Fachschulen aus Sicht der HF-Akteure in Auftrag gegeben. Der Bericht von econcept AG wurde 2020 publiziert. Er führt 19 mögliche Massnahmen zur besseren Positionierung der Höheren Fachschulen auf (siehe Grafik). (Darüber haben wir im Bulletin Dezember 2020 berichtet).

Basierend auf diesen Erkenntnissen, hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Anfang 2021 das Projekt «Positionierung Höhere Fachschulen» lanciert. Dieses sieht eine ganzheitliche Überprüfung der aktuellen nationalen und internationalen Positionierung der Höheren Fachschulen sowie deren Bildungsgänge vor. Ziel ist es, die Höheren Fachschulen besser zu positionieren und dabei das spezifische Qualitätsmerkmal der Arbeitsmarktorientierung zu erhalten und weiter zu stärken.

Das SBFI hat 2021 eine breit abgestützte Analyse vorgenommen. Ausgangspunkt der Untersuchungen waren die Forderungen der Höheren Fachschulen sowie die Untersuchung von econcept AG. Weitere Vertiefungsstudien und Abklärungen, Expertengespräche sowie verschiedenste Diskussionen mit Akteuren aus Berufsbildung und Hochschulen verdichteten das Analysebild und trugen zu neuem Erkenntnisgewinn bei.

Mit dem Zwischenbericht legt das SBFI die bisherigen Analyseergebnisse zum Handlungsbedarf dar, zeigt die offenen Fragen auf und zieht Schlussfolgerungen für die weiteren Arbeiten.

Mit dem vorliegenden Zwischenbericht ist ein erster, wichtiger Meilenstein erreicht worden. Die breit vorgenommene Auslegeordnung erlaubt es nun dem SBFI zusammen mit den Verbundpartnern der Berufsbildung, den Vertretern der Höheren Fachschulen sowie weiteren Akteuren die grundsätzlichen Fragen zu diskutieren und gemeinsam Mass nahmen für eine bessere Positionierung der Höheren Fachschulen zu entwickeln. Dieser Prozess startet Anfang 2022.

 

Auslegeordnung und weiteres Vorgehen

Im August 2021 wurde dem ODEC als Mitglied des Soundboards die erste Fassung des SBFI-Zwischenberichts zugestellt. Wir stellten fest, dass die wichtigen Daten aus dem Bericht der econcept AG, mit den 19 Massnahmen zur Verbesserung der HF-Position, keine Gewichtung hatten. Die Emotionen stiegen entsprechend an der Sitzung des Soundboards hoch. War die Nichtbeachtung der Studie doch ein Affront sondergleichen gegenüber denjenigen, die an der Studie teilgenommen und auch viel Zeit investiert hatten.

Die Kritik und auch unsere umgehende Stellungnahme zur ersten Fassung, hat dazu geführt, dass vermehrt Daten aus dem Bericht der econcept eingeflossen sind. Der zweite Entwurf ist mit entsprechendem Inhalt bereichert worden und einige Massnahmen werden nun thematisiert. Leider blieben einige der gezogenen Erkenntnisse weiterhin tendenziös.

So werden beispielsweise die 19 Massnahmen kleingeredet durch die Begründung, es gäbe zu diesem Thema keine Studien und zu wenige Daten. Oder, es seien keine Benachteiligungen für HF-Diplomierte erkennbar oder nur wenige Meldungen bezüglich internationaler Mobilitätsprobleme beim SBFI eingegangen.

Deutschland und nun auch Österreich führten einen «Bachelor Professional» und «Master Professional» ein, klar mit Abgrenzung zum akademischen Bachelor und Master. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich die Schweiz dermassen gegen diese gut gangbare Lösung sperrt.

Auch wenn das zum Schluss formulierte Fazit des Zwischenberichts vieles offenlässt, bleiben auch nach dessem zweiten Entwurf, der den Verantwortlichen inklusive Bundesrat diesen November vorgelegt wird, gemischte Gefühle und ein schaler Nachgeschmack. Haben doch unsere bisherigen Erfahrungen mit dem SBFI und auch der Vorgängerorganisation BBT zum Bereich HF gezeigt, wie Alibiübungen funktionieren.

Hoffen wir, dass es diesmal anders wird. Wir bleiben dran. Der Stand des Projekts «Positionierung HF» ist unter
www.odec.ch/projekt-hf einsehbar.

 

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