«Das Diplom HF – ein wichtiger Grundstein für meine internationale Karriere»

Portrait Daniel Bomonti

Die Faszination für verschiedene Länder und Kulturen brachte Daniel Bomonti nach Kanada. Ein Bericht über seinen spannenden Werdegang, den Aufbau und die Führung einer Organisation in Übersee, seine Erfahrungen bei der Auswanderung und seinen ganz persönlichen Traum.

Mit Daniel Bomonti* sprach Jsabelle Tschanen

Daniel Bomonti, die Firma Rychiger AG ist auf der ganzen Welt beheimatet. Was waren Ihre Gründe für eine Arbeitsstelle in Kanada?

Der nordamerikanische Markt ist für die Firma Rychiger AG einer der wichtigsten Märkte mit einer hohen Anzahl installierter Maschinen. Um in diesem Markt näher bei unseren Kunden zu sein, war sie auf der Suche nach einem nordamerikanischen Unternehmen, in welchem der neue Servicehub Nordamerika für die Rychiger Gruppe eingebettet und aufgebaut werden kann. Mit der Akquisition der Firma Nuspark in Kanada konnte nicht nur ein erfolgreiches und langjähriges Familienunternehmen gewonnen werden, wir haben auch unsere technischen Kompetenzen erweitert, um unsere Marktposition zu stärken.

Der Startschuss für den Aufbau des Servicehubs Nordamerika ist somit erfolgt und ich wurde vom CEO und Inhaber von Rychiger gefragt, ob ich die Herausforderung «Aufbau eines neuen Servicehubs» annehmen möchte. Da meine Frau und ich schon immer von verschiedenen Ländern und Kulturen fasziniert waren, haben wir diese Chance dankend angenommen.

Gab es Stolpersteine bei der Auswanderung oder Arbeitsbewilligung?

Da ich bereits zweieinhalb Jahre in den USA gearbeitet hatte, wusste ich, worauf ich mich einlasse und konnte auf die bereits gesammelten Erfahrungen zurückgreifen. Der Umzug nach Kanada erfolgte im März 2021 mitten in der Pandemie. Dies führte dazu, dass wir bei unserer Ankunft zuerst in eine dreitägige obligatorische Hotelquarantäne verbannt wurden und anschliessend noch elf Tage in Selbstisolation in einer leeren Wohnung nur mit unserem Reisegepäck verbringen mussten. Dies war eine zusätzliche Herausforderung, welche wir etwas unterschätzt haben. Aber auch dies haben wir erfolgreich gemeistert und es hat uns als Familie noch mehr zusammengeschweisst.

Welche Erfahrungen machten Sie bei der ersten Ausreise?

Mit einer Entsendung ins Ausland verliert man auf einen Schlag viele Dinge, welche bis anhin in der Schweiz mehr oder weniger selbstverständlich waren. Bankaktivitäten, Krankenkassen, Versicherungen, Lösungen für die Altersvorsorge, Führerschein, Internet, Telefonie, Strom, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Als ich das erste Mal in die USA entsendet wurde, habe ich pflichtbewusst meine Bank darüber informiert. Zwei Wochen später schrieb die Bank, dass die aktuelle Beziehung aufgrund der neuen Umstände beendet wird. Es kam die Frage auf, wohin ich die Ersparnisse und Altersvorsorgeguthaben transferieren soll und dies ein paar Wochen vor Abreise. Mit einer kleineren lokalen Bank konnte ich anschliessend eine Lösung finden (welche ich nun übrigens auch wieder in Kanada anwende), da die grossen internationalen Banken kein Interesse hatten.

Wichtig ist, sich sehr gut und genügend früh mit dem zukünftigen Gastland auseinanderzusetzen. Eine Checkliste sollte den aktuellen Ist-Zustand in der Schweiz abbilden und danach muss Punkt für Punkt abgeklärt werden, ob dieser Zustand im Gastland gegeben ist oder ob es neue Lösungen benötigt. Hilfreich ist auch das Internet mit den vielen Blogs, in welchen viele Erfahrungen und mögliche Lösungen dazu geteilt werden.

Was genau beinhaltet Ihre Arbeit?

Meine Mission ist der Aufbau eines Customer Service Hubs für den nordamerikanischen Markt für die Rychiger Gruppe sowie das Führen dieser Organisation mit einer «Profit & Lost»-Verantwortlichkeit. Es ist ein sehr vielfältiges und interessantes Projekt, welches viele verschiedene Aktivitäten beinhaltet. Einerseits ist es mit der Einführung eines ERP-Systems für diesen neuen Servicehub ein IT-Projekt, andererseits braucht es aber auch rechtliche Abklärungen, Supply Chain und Zoll-Fragen, Entwicklung einer Prozessstruktur, Ausarbeiten von Arbeitsprozessen, der Aufbau eines Teams mittels Rekrutierung, Teamführung und als Key Account Manager betreue ich persönlich die grössten US-Kunden der Firma Rychiger auf dem Lebenszyklus ihrer Verpackungsmaschinen.

Gibt es Unterschiede in der Arbeitsweise oder auch kulturell bedingt im Vergleich zur Schweiz?

Ja, die gibt es definitiv. Diverse Disziplinen wie Qualität, Quantität, Genauigkeit, Innovation, Preise und Kosten werden je nach Land oder Region aufgrund ihrer kulturellen Bestimmung ganz anders gelebt, was zu unterschiedlichen Arbeitsweisen führt.

Die Schweizer Arbeitsweise erachte ich als sehr stark auf Qualität ausgerichtet, meist mit einem hohen Preis verbunden, während sich die nordamerikanische mehr auf Quantität und tiefere Preise fokussiert. In Nordamerika werden beispielsweise Häuser sehr schnell und günstig gebaut. In der Schweiz dauert es viel länger und auch die Kosten sind massiv höher, dafür werden sie aber auch nicht beim nächsten grösseren Sturm zerstört. In beiden Fällen wird der Zweck erfüllt und es kann jemand in einem Haus wohnen. Es sind aber zwei unterschiedliche Philosophien, welche auf den Markt und seine Bedingungen ausgerichtet, ihr Ziel erfüllen.

Die zwischenmenschliche Beziehung in Nordamerika betrachte ich gegenüber der Schweiz als offener, aber auch schnelllebiger und oberflächlicher. Wenn man in Nordamerika zum Beispiel in eine Bar geht, vergehen kaum ein paar Minuten und man ist (ob man das möchte oder nicht) sofort mit Leuten im Gespräch. Oder es entwickelt sich völlig unerwartet ein Dialog an der Bushaltestelle, wenn man gefragt wird, wie der heutige Tag so war. In beiden Beispielen kann man eine interessante Diskussion führen und eine lustige Zeit miteinander verbringen, es kann aber durchaus sein, dass man diese Person nie mehr wiedersieht.

In Bezug auf meinen aktuellen Wohnort ist Toronto eine internationale Weltstadt mit einer hohen kulturellen Durchmischung und es ist für mich faszinierend zu sehen, wie innerhalb einer solchen Grossstadt derart unterschiedliche Kulturen miteinander leben und arbeiten können.

Auf LinkedIn steht neben Ihrem Profil «Customer Service is not a department, it is an attitude…»¹. Auch werden Ihre Interaktionen von verschiedenster Seite sehr gelobt. Was ist Ihr Rezept? 

Mein Rezept ist es, erstmals dem Kunden zuzuhören und zu verstehen, wo der Schuh drückt. Danach Lösungen zu finden, die dem Kunden einen Added Value bringen und im Einklang mit der Strategie der Firma stehen. Daraus können Geschäftsmöglichkeiten generiert werden.

Aus meiner Sicht ist es heutzutage immer noch so, dass der Kundendienst meist am Ende der Kette als Besenwagen fungiert. Anstatt sich auf lukrative Geschäftsmöglichkeiten zu fokussieren, welche dem Kunden einen echten Mehrwert bringen und zu einem Umsatzwachstum führen, ist der Kundendienst oftmals in der Verantwortung, die ungelösten Probleme zu lösen.

Warum ich die Message «Customer Service is not a department, it is an attidude…» vollumfänglich unterstütze, ist, weil aus meiner Sicht jeder Angestellte im Unternehmen seinen Anteil zu einer hohen Kundenzufriedenheit beiträgt. Wie werde ich am Telefon als Kunde empfangen, wie sauber sind die Bürogebäude bei einem Besuch, wie kompetent sind die technischen Auskünfte der Konstrukteure, wie ist meine Interaktion als Kunde mit den Servicetechnikern usw.? Der Kunde sollte im Mittelpunkt stehen und das Handeln aller Mitarbeiter darauf ausgerichtet sein.

Kurz nach Ihrer Lehre als Elektroniker haben Sie das HF-Studium Automation in Angriff genommen. Was waren dazumal Ihre Beweggründe?

Während der Berufslehre als Elektroniker in der Firma Selectron durfte ich die Welt der SPS-Steuerungen entdecken. Die Programmierung dieser Steuerungen hat mich fasziniert und ich wollte mein Wissen in diesem Bereich vertiefen. Diese Neugier sowie die Unterstützung meiner Eltern führten zum Entschluss, diesen Weg einzuschlagen.

Würden Sie dieses Studium weiterempfehlen und warum?

Das HF-Studium Automation bildet den wichtigen Grundstein für meine bisherige internationale berufliche Karriere. Als Ergänzung zu meiner Berufslehre als Elektroniker war das HF-Studium sehr vielseitig und ich vertiefte diverse Fähigkeiten, wie zum Beispiel die SPS-Programmierung, Mechanik oder Elektrik, um als internationaler Servicetechniker in den globalen Customer Service einsteigen zu können. Ich würde jederzeit wieder diesen Weg wählen und kann ein HF-Studium nach erfolgreichem Lehrabschluss nur weiterempfehlen, da es ein sehr vielseitiges Studium ist und meiner Meinung nach viele Türen öffnet.

Bald darauf folgten ein Abschluss in NDS-Softwareentwicklung und ein Executive Master of Business Administration EMBA. Was war jeweils Ihre Motivation?

Die kontinuierliche Weiterbildung (in welcher Form auch immer) erachte ich als entscheidend, um erfolgreich zu sein und nicht Gefahr zu laufen, mit der Zeit stehenzubleiben. Dies war und ist auch immer meine persönliche Motivation dafür.

Während der NDS-Softwareentwicklung erlernte ich tiefere Kenntnisse in computerbasierenden Applikationen und die Programmierung in Hochsprachen. Diese zusätzlichen Fähigkeiten waren sehr vorteilhaft für meine Tätigkeit als Servicetechniker, um weltweit Maschinen und Anlagen in Betrieb zu setzen oder Störungen zu beheben.

Während meiner sieben Jahre als Servicetechniker war es für mich immer sehr interessant, wie man als, sozusagen letztes «Glied in der Kette», direkt beim Kunden die Performance einer Firma beobachten kann. Wie kamen die Pakete mit den Ersatzteillieferungen an, passte das Design der neuen Teile, ist die Programmierung korrekt, waren alle Schrauben angezogen, um nur einige einfache Beispiele hierfür zu nennen. Diese «Dinge» wollte ich in Zukunft verbessern und habe mich deshalb zu einem Executiv-Master-of-Business-Administration-Studium entschieden. Der erfolgreiche Abschluss führte anschliessend in den Einstieg in eine Führungsrolle. Bei der Zulassung zum EMBA-Studium war es etwas enttäuschend, dass der Professional Bachelor ODEC nicht ausreichend war und ich eine Zusatzrunde mit diversen Vorbereitungsmodulen drehen musste, um trotz der guten Ausbildung und bereits gesammelten Berufserfahrung auf das Level eines universitären Bachelor-Abschlusses zu kommen.

Da die Zeit nie stillsteht, absolviere ich zurzeit in Kanada an der Rotman School of Management ein Executive-Leadership-Programm, um meine Leadership-Fähigkeiten als Leader eines Teams zukünftig noch weiter verbessern zu können.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit in der 3-Millionen-Stadt Toronto und wie erhalten Sie Ihre Work-Life-Balance?

Am liebsten verbringe ich meine Freizeit mit meiner Familie und geniesse es, mit meinen beiden Kindern und meiner Frau etwas zu unternehmen. Ein Picknick auf der Toronto Island mit Sicht auf die Skyline oder das Entdecken der wunderschönen Landschaft in einem Naturpark wie z. B. dem Algonquin Provincial Park, bereiten uns als Familie immer wieder grossen Spass. Die glänzenden Kinderaugen und das Lachen bei diesen gemeinsamen Familienausflügen haben einen extrem positiven Einfluss auf eine gute Work-Life-Balance und lassen für einen Moment den hektischen Alltag im Customer Service vergessen.

Gibt es noch Dinge, die auf Ihrer To-do-Liste sind, die Sie in Kanada unbedingt noch sehen oder erleben möchten?

Die Natur in Kanada ist atemberaubend und ich würde gerne mit meiner Familie in unserer Zeit hier in Kanada noch möglichst viel davon entdecken. Auch die Stadt Vancouver würden wir noch sehr gerne erkunden.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Der Fokus liegt momentan auf der zu erfüllenden Mission für die Firma Rychiger. Sobald unsere Kinder schulpflichtig werden, streben wir eine Rückkehr in die Schweiz an, damit diese auch vom hervorragenden Schul- und Ausbildungssystem der Schweiz profitieren können. Wer weiss, vielleicht wird auch eines unserer Kinder mal ein HF-Studium abschliessen. Mein ganz persönlicher Traum ist es, in ein paar Jahren mit meinen globalen Erfahrungen ein KMU in der Schweiz zu übernehmen und dieses Lebenswerk des Vorgängers als Inhaber und CEO erfolgreich weiterzuführen.

¹ «Kundenservice ist keine Abteilung, es ist eine Einstellung ...»

*Steckbrief

Name: Daniel Bomonti

Jahrgang: 1984

Wohnort: Toronto, Kanada

ODEC-Mitglied: seit 2013

Aktuelle berufliche Tätigkeit: Rychiger AG – Chief Officer Customer Service North America

Lehre: Elektroniker

HF-Studium: Automation, HFT Mittelland

Weiterbildung: NDS-Softwareentwicklung, Executive Master of Business Administration EMBA

Hobbys: Familie & Reisen