Einblick in die Welt der Agrotechnikerinnen und -techniker HF

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Agrotechnikerinnen und -techniker HF übernehmen nicht nur Fach- und Führungsaufgaben in der Landwirtschaft, sie leiten auch Betriebe oder arbeiten im Dienstleistungs-, Verarbeitungs- und Vermarktungsbereich.

Von Kay Uehlinger

Der Kompetenzpool der Agrotechnikerinnen und -techniker HF ist gross, denn in der Ausbildung eignen sie sich vertiefte Fach- und Branchenkenntnisse und betriebswirtschaftliches Know-how an. «Sie analysieren, setzen sinnvolle Ziele, entwickeln lohnende Strategien und beraten Unternehmer in deren Umsetzung oder setzen sie selbst um und kontrollieren sie», erklärt Schulthess. Das ermöglicht ihnen, einen Betrieb professionell zu führen und komplexe Aufgaben im Verarbeitungs-, Vermarktungs- und Dienstleistungsbereich wahrzunehmen. «Sie arbeiten professionell Projekte aus, verfügen über ein ausgeprägtes Zeitmanagement, verhandeln gekonnt mit Kunden und Lieferanten und sind in der Lage, Mitarbeiter zu führen», sagt Höhener. Sie befassen sich also neben operativen auch mit strategischen Fragen. «Die Kompetenzen sind eine Verbindung aus praktischer Erfahrung in der Landwirtschaft und unternehmerischem Wissen», sagt Schulthess.

Digitalisierung in der Landwirtschaftsbranche

Digitalisierung bringt Lösungen in der Landwirtschaftsbranche und erfordert Kompetenzen, die auch in der Ausbildung zum Diplom Agrotechnik HF eine wichtige Rolle spielen. «Beim bzb Buchs hat die Digitalisierung einen grossen Stellenwert», sagt Höhener. Dies betreffe nicht nur die landwirtschaftlichen Möglichkeiten, wie den Einsatz von GPS oder Herdenmanagementprogrammen, sondern auch allgemein den Unterricht.

Auch am Strickhof wird «Digitalisierung» grossgeschrieben. Schulthess sagt: «Die technischen Möglichkeiten werden in allen Bereichen genutzt und in den Fachbereichen integriert. Seit einem Jahr führen wir sogar ein eigenes Fach Digitalisierung und Landtechnik.» Dies sei aufgrund des Einsatzes neuester Geräte und technischer Instrumente möglich.

Die Unterschiede zur Ausbildung als Meisterlandwirt

Der Grossteil der studierenden Agrotechnikerinnen und -techniker besitzt laut Höhener aufgrund des hohen Praxisbezuges eine Grundausbildung zum Landwirt. Einige Landwirtinnen und Landwirte ziehen somit die Ausbildung Agrotechnik HF der des Meisterlandwirtes vor. Doch inwiefern unterscheiden sich die beiden Ausbildungen eigentlich genau?

Der Unterschied liege darin, dass die Ausbildung zum Meisterlandwirt speziell für die Führung eines Landwirtschaftsbetriebes vorgesehen sei. «Die Diplomierten HF Agrotechnik werden so vorbereitet, dass sie auch in einem grösseren KMU einer der Landwirtschaft vor- oder nachgelagerten Branche in einer Kaderposition tätig sein können», sagt Höhener. «Sie können ein Team oder ein Unternehmen auch ausserhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs erfolgreich führen. Die Aufgaben von Analyse, Planung und Management haben sie auch unter grossem Einsatz in eigenen Projekten erfahren und vertieft», erklärt Schulthess. «18 Wochen Praktika sind integraler Bestandteil des Lehrgangs. Damit erleben die Studierenden neue Berufsfelder und beweisen ihr Wissen in der Praxis.» Sehr oft würden sie zum Abschluss vom Praktikumsbetrieb gleich ein attraktives Jobangebot erhalten.

Aus der Sicht von Absolventen

«Es hat mir weitere Türen geöffnet»

Beispiele, wie der Karriereweg eines Absolventen aussieht, zeigt Fabian Sgier auf. Er hat die Ausbildung zum Agrotechniker HF am bzb Berufs- und Weiterbildungszentrum Buchs absolviert. «Nach der Lehre strebte ich danach, eine weitere Ausbildung zu besuchen.» Eines war klar: «Ich wollte unbedingt etwas im Bereich Landwirtschaft machen.» Vorgängig habe er sich über verschiedene Möglichkeiten informiert – so auch über ein Agronomiestudium an der Fachhochschule. Erst später habe er das Studium zum Agrotechniker HF «entdeckt» und sich schliesslich auch dafür entschieden.

«Durch die Ausbildung konnte ich mich persönlich weiterentwickeln. Vor allem in den Bereichen landwirtschaftliche Produktionstechnik und Betriebswirtschaft sowie in der Kommunikation konnte ich sehr viel profitieren.» Aus beruflicher Sicht habe ihm das Studium weitere Türen geöffnet. «Ich absolvierte eine zusätzliche Ausbildung als Berufsschullehrperson im Nebenamt, um als Fachlehrer und Berater tätig zu sein.» Dadurch habe er eine Stelle angetreten, bei der ursprünglich ein Agronom FH gesucht wurde.

Es gab aber auch Herausforderungen, denen er sich stellen musste. «Der Agrotechniker HF ist nicht überall bekannt.» Nach seinem Abschluss arbeitete er an einem landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum. «Dort kam es ab und an vor, dass ich meinen Abschluss erklären musste.» Hingegen sei der Titel in anderen Bereichen der landwirtschaftlichen Branchen bereits gut bekannt. «Vor allem bei landwirtschaftlichen Treuhandstellen sind viele Agrotechniker tätig und in Stellenausschreibungen werden auch oft Agrotechniker explizit erwähnt respektive gesucht.»

In der Landwirtschaft «kennt man sich»

Auch für Christian Schönbächler war früh klar, dass er noch eine weiterführende Ausbildung machen möchte. «Von den zur Verfügung stehenden Diplomen hat mich der Agrotechniker HF am meisten angesprochen, da er einen starken Fokus auf betriebswirtschaftliche Themen hat.» Ausserdem sei die Ausbildung näher an der Praxis des Landwirtes als beispielsweise an der Fachhochschule. «Der Schulstoff bietet einen breiten Mix unternehmerischer Grundsätze und Vorgehensweisen an.»

Schönbächler erklärt, dass seine Ausbildung am Strickhof aus verschiedenen Elementen bestand. «Zum einen wurde Wissen vermittelt und zum anderen gab es viele Projektarbeiten mit einem starken Bezug zur Praxis.» Nach der Ausbildung folgte eine Anstellung in einem landwirtschaftlichen Treuhandbüro. «Dort brauchte ich vor allem die betriebswirtschaftlichen Elemente der Ausbildung», sagt Schönbächler. Die Ausbildung kam so richtig zum Tragen, als er mit drei Freunden eine Firma gründete. «Ich konnte viele Dinge, welche im Unterricht theoretisch gelernt wurden, auch in die Praxis umsetzen.» Heute führe er wieder einen landwirtschaftlichen Betrieb, in welchem er versuche, projektbezogen zu arbeiten und zu denken.

In seiner beruflichen Karriere hatte Schönbächler bisher nie das Problem, seinen Abschluss als Agrotechniker HF erklären zu müssen. «Die Ausbildung ist in der Branche bekannt und es bestand schon 2010, als ich abgeschlossen habe, ein grosser Bedarf an Agrotechnikern.» Schliesslich sei die Landwirtschaft eine überschaubare Branche und «man kennt sich». Deshalb würden ihm auch noch heute viele Möglichkeiten und Wege offenstehen. Eines bleibt mit Sicherheit: «Ich profitiere in allen Bereichen stark von der Ausbildung und den beruflichen Erfahrungen, welche ich dank dem HF-Diplom machen konnte.»