Einblick in die Welt der Medizintechnik

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In der immer komplexeren Welt der Medizintechnik nehmen HF-Diplomierte eine essenzielle Rolle ein, denn ohne sie ist ein reibungsloser Ablauf im Gesundheitswesen undenkbar. Mehr über die Ausbildung Medizintechnik HF erfahren wir von Eva-Maria Amstutz, Schulleiterin Höhere Fachschule Medizintechnik Sarnen, und Dominik Spycher, Abteilungsleiter Berufliche Weiterbildung am Bildungszentrum für Technik Frauenfeld. Zudem erzählen die ODEC-Mitglieder Philipp Niederberger und Robin Lutz von ihren Erfahrungen, die sie seit ihrem Abschluss gemacht haben.


Von Kay Uehlinger


Die Rolle der HF-Diplomierten im Bereich der Medizintechnik ist von zentraler Bedeutung. «Ein Spital würde ohne Medizintechnik nicht funktionieren», sagt etwa Eva-Maria Amstutz. Die Medizintechnik umfasse moderne Geräte und Technologien, die dazu dienen, Diagnosen zu stellen, bildgebende Verfahren durchzuführen und therapeutische Massnahmen zu unterstützen. «Von der Herstellung bis zur Anwendung erfordert der Umgang mit diesen technischen Systemen gut ausgebildete Fachkräfte.»

«Die Medizintechnik ist ein sehr breites Feld», erklärt uns Dominik Spycher weiter. «Es deckt sowohl den Bereich in Spitälern als auch die Industrie, welche Medizinprodukte herstellt, ab.» Die Medizintechnik stelle die Schnittstelle zwischen dem medizinischen Fachbereich und der Technik sicher und nehme eine wichtige Rolle ein. Auch Spycher ist der Überzeugung, dass die Medizintechnik heute nicht mehr wegzudenken ist.

Kompetenzbereich und Einsatzgebiete

«Medizintechnikerinnen und Medizintechniker HF sind Fachleute, die medizinische Geräte und Systeme entwickeln, verbessern, herstellen, warten und reparieren», sagt Spycher. Ihre Hauptverantwortung liege darin, sicherzustellen, dass diese Geräte reibungslos funktionieren und betriebsbereit seien, so Amstutz. Sie geht nochmals auf eingangs erwähnte Schnittstelle zwischen dem medizinischen Fachbereich und der Technik ein und meint: «Sie müssen die Fähigkeit beherrschen, als technische Expertinnen und Experten auf Augenhöhe mit dem medizinischen Fachpersonal zu kommunizieren.»

Das Einsatzgebiet ist dabei sehr vielfältig. Amstutz zählt auf, dass Medizintechniker/-innen beispielsweise in Spitälern und Kliniken, im Labor, als Servicetechniker/-innen für Arztpraxen, im Vertrieb oder in produzierenden Firmen der Medizintechnik arbeiten würden.

Medizinisches Basiswissen ist notwendig

Spycher sagt, dass viel Wert darauf gelegt werden muss, dass HF-Medizintechniker/-innen ein fundiertes medizinisches Basiswissen mitnehmen. Amstutz meint: «Ein grundlegendes Verständnis der Anatomie und Physiologie ist für Medizintechniker/-innen unerlässlich.» Denn, sagt sie, nur dieses Wissen ermögliche es ihnen, die Anwendung und das Funktionieren medizintechnischer Geräte zu verstehen und zu optimieren.

Zwei Höhere Fachschulen für Medizintechnik HF

Wie uns die Experten erläutert haben, decken Medizintechniker/-innen ein vielfältiges und grosses Einsatzgebiet ab. In der gesamten Schweiz gibt es aber nur zwei Höhere Fachschulen, die diesen HF-Bildungsgang auch anbieten. Braucht es nicht mehr?

Laut Amstutz fahren die Höheren Fachschulen damit erfolgreich. «Die Ausbildung ist auf die Bedürfnisse der Medizintechnik nahe an den Patientinnen und Patienten ausgerichtet und dafür gibt es nur einen begrenzten Arbeitsmarkt.» Zudem würden für die Geräteentwicklung oft Techniker/-innen oder Ingenieur/-innen aus den herkömmlichen Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik eingesetzt werden.

Eine zukünftige Erweiterung schliesst Spycher allerdings nicht aus: «Das Einsatzgebiet ist, wie gesagt, breit gefächert und mit dem neuen eigenständigen Rahmenlehrplan wird die Nachfrage in Zukunft hoffentlich steigen.»

Sich entwickelnde Technologien

Wie fast überall, steigen auch in der Medizintechnik stetig die Anforderungen. Wer das Studium Medizintechnik HF absolviere, müsse sich kontinuierlich anpassen und weiterbilden, so Amstutz. «Die Fähigkeit, die zunehmend digitalisierten Prozesse und Technologien in der Medizin zu verstehen und zu beherrschen, ist für Medizintechniker/-innen von entscheidender Bedeutung.» Auch Spycher stimmt zu, dass die Medizintechnik sich sehr schnell weiterentwickelt und gibt ein konkretes Beispiel: «Im Speziellen in der Digitalisierung ist die Entwicklung rasant.»

Aus der Sicht von Absolventen

Jemand, der diese rasanten Entwicklungen selbst miterlebt hat und noch immer durchlebt, ist Philipp Niederberger. Bereits vor 23 Jahren hat er seinen HF-Abschluss (damals noch TS) gemacht. «Nach meiner Grundausbildung als Radio-TV-Elektriker (heute Multimediaelektroniker) trat ich meine erste Stelle als Prüffeldtechniker in einer Röntgenfirma in der Innerschweiz an», erzählt uns Niederberger. «Für mich war schnell klar, dass ich noch weiter ins Detail eintauchen und richtig Fuss fassen will.» Diese Entscheidung habe ihm den Schritt leicht gemacht, sich für den allerersten durchgeführten Studienlehrgang Medizintechnik TS/HF anzumelden.

Seit seinem Abschluss ist viel Zeit vergangen. Mit neuen Technologien musste er sich also seit seinem Abschluss immer wieder beschäftigen und dazulernen. «Mit Lesen von Fachzeitschriften und Diskussionen mit den verschiedenen Fachspezialisten in den Spitälern bleibt man am Ball.» Das beträfe aber nur eine bescheidene Tiefe des jeweiligen medizinischen Faches. Er sei jedoch auch sehr gerne bei der Diplomierung abschliessender Medizintechniker/-innen HF dabei. «Dann lese ich die Diplomthemen je nach Zeit auch genauer durch.» Weiterbildungen seien aber auch wichtig.

Chance und Möglichkeit

Die Ausbildung als Medizintechniker/-in HF hat für Niederberger einen besonders hohen Stellenwert. «Die Medizin und Gesundheit in ihrer gesamten Facette ist ein Betriebszweig, welcher aufstrebende Chancen und immer grössere Formen annimmt. Wir werden älter, die Technik immer kleiner und die Möglichkeiten zur Nutzung daher mannigfaltig.» Solange Menschen auf der Erde unterwegs seien, brauche es medizinische Behandlungen und Lösungen. «Zudem gibt die Ausbildung die Werkzeuge mit, um bei Fachgesprächen mit Ärzten, Pflegenden und weiterem medizinischen Fachpersonal auf Augenhöhe mitzudiskutieren.» Sein Tipp an angehende Medizintechniker/-innen HF besteht darin, sich die ganze Palette der Jobangebote von Vertrieb und Forschung bis zur Fertigung oder Reparatur jeweils anzuschauen und sich die Frage zu stellen, wo man die bestmöglichen Eignungen habe und die grösstmögliche Wirkung ausüben könne.

Faszination Mensch und Technik

Robin Lutz hat seine Ausbildung zum Medizintechniker HF an der Höheren Fachschule Sarnen gemacht. «Ich kam 2009 aus dem Militär und hatte Mühe, einen Job aufgrund der laufenden Finanzkrise zu finden. Und das trotz meines sehr guten Lehrabschlusses», erzählt Lutz. Da er sowieso plante, irgendwann eine Ausbildung zu machen, dachte er sich: «Warum nicht jetzt?» Mit dem Zuspruch seines damaligen Arbeitgebers erfolgte kurz darauf der Start ins Studium. Zur Ausbildung selbst sagt Lutz: «Die Verbindung von Mensch und Technik hat mich schon immer fasziniert.»

Mittlerweile arbeitet er zwar nicht mehr direkt in der Medizintechnik, hat aber noch viel mit Kunden aus diesem Bereich zu tun. Dabei helfe ihm sein Gelerntes täglich, die Herausforderungen im technischen Aussendienst zu bewältigen. Das sei auch gut so, denn: «Es bleibt stets spannend.»